Der EU-Abgeordnete Martin Sonneborn (58, Die Partei) hat auf X (kürzlich noch Twitter) mit scharfen Worten den „Digital Services Act“ (DSA ) – auf Deutsch: „Gesetz für digitale Dienste“ – kritisiert, und ebenso Ursula von der Leyen. Die EU-Kommissionspräsidentin pries die neue EU-Zensurverordnung nämlich in den höchsten Tönen.

Martin Sonneborn ist der Vorsitzender von Die PARTEI. Das Akronym steht für: Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative . APA/AFP/Tobias Schwarz

Sonneborn zufolge verletzt der DSA Grundrechte. Er komme einer „(geplanten) anlasslosen Massenüberwachung (durch Chatkontrolle)“ gleich, und ebenso einer „anlasslosen Massenkriminalisierung“ bei „der Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten“.

Neue Behörden sollen ungewünschte Informationen im Netz bekämpfen

Aufgrund des DSA müssen seit Freitag alle EU-Mitgliedsstaaten eigene Behörden einführen, um ungewünschte Informationen in sozialen Netzen zu bekämpfen – der eXXpress berichtete. Große Player wie Google und Co. werden direkt den Brüsseler Zensoren unterstellt. Jenen Unternehmen, die nicht kooperieren, drohen enorme Strafzahlungen von bis zu sechs Prozent des Jahresumsatzes.

Mit dem DSA will die EU noch „Hass“, „Desinformation“ – kurz: unerwünschte Information – im Internet regulieren. „Der DSA ist ein typisch trojanisches Pferd aus Brüssel“, kommentiert das deutsche Onlinemagazin „Tichys Einblick“. Er zieht „die Daumenschrauben der Diskurseinschränkung noch einmal kräftig an.“ Man frage sich mittlerweile, „was eigentlich notwendig wäre, damit Brüsseler Bürokraten einmal mehr Redefreiheit einfordern würden.“

Von der Leyen: „Schützen unsere Kinder, Gesellschaften und Demokratien“

Anders sieht das – naturgemäß – Von der Leyen. Am Freitagmorgen erklärte sie auf X: „Wir bringen unsere europäischen Werte in die digitale Welt. Mit strengen Regeln für Transparenz und Rechenschaftspflicht zielt unser Gesetz über digitale Dienste darauf ab, unsere Kinder, Gesellschaften und Demokratien zu schützen. Ab heute müssen sehr große Online-Plattformen das neue Gesetz anwenden.”

Sonneborn ortet hier Desinformation, die zu Hass anstachelt, und zwar von Seiten der EU-Spitze selbst. Gemäß der neuen Verordnung müsste das Posting daher umgehend bei den entsprechenden EU-Behörden für die Verbreitung von Falschmeldungen gemeldet und in weiterer Folge gelöscht werden.

Sonneborn ortet bei Von der Leyen „Desinformation“, die „Hass schürt“

Zu Von der Leyens Behauptung, „europäische Werte“ würden nun in die „digitale Welt“ einziehen, meint der Satiriker und Journalist, der seit der Europawahl 2014 für die PARTEI im Parlament sitzt: „Nach dem gerade in Kraft getretenen Digital Services Act melden wir diesen Fake-Inhalt hiermit den zuständigen Regulierungs- und Kontrollbehörden der EU, denn die inkriminierte Behauptung enthält eine den Leser bewusst irreführende ‚Desinformation‘, die seinen Hass auf die EU in maßgeblicher Weise schürt und damit geeignet ist, den asozialen Frieden in Europa zu gefährden.“

Martin Sonneborn zog bereits zwei Mal als Spitzenkandidat seiner Partei in das EU-Parlament ein. APA/AFP/Odd ANDERSEN

Mit dem DSA würden Grundrechte nicht geschützt, sondern zerschlagen. Zunächst nennt der Parlamentarier das Recht auf freie Meinungsäußerung, das die Meinungs- und Informationsfreiheit mit einschließe. Dann die Medienfreiheit, das Recht auf Gedanken- und Gewissensfreiheit, das Recht auf Freiheit und Sicherheit, das Recht auf Achtung des Privatlebens und das auf Schutz der personenbezogenen Daten. „Wir weisen darauf hin, dass mit dem DSA diese verbrieften ‚europäischen Werte‘ im Internet nicht ein-, sondern ausziehen, denn sie sind – vom Recht auf Gedanken- und Gewissensfreiheit über das Recht auf freie Meinungsäußerung bis hin zur Freiheit und Pluralität der Medien, in der anlasslosen Massenkriminalisierung der Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nicht nur ebenso wenig enthalten wie in der (geplanten) anlasslosen Massenüberwachung (durch Chatkontrolle), sondern werden hier im Gegenteil sogar mit der allerfiesesten Zielgerichtetheit zerschlagen.“

„Löschung der Behauptung das Mindeste“

Sonneborns Schlussfolgerung: „Die Löschung der o.g. Behauptung von der Leyens dürfte ja wohl das Mindeste sein, was wir zum Schutz der EU-Bürger durch von inhaltlich irreführenden Fakes zu ‚europäischen Werten‘ ausgelöstem und daher anhaltend gerechtem Hass auf EU-Institutionen im Sinne des DSA erwarten dürfen.“